MEDIKAMENTE VOR ODER NACH DEM ESSEN EINNEHMEN?

MEDIKAMENTE VOR ODER NACH DEM ESSEN EINNEHMEN?

Liebe Kunden,

eine der gängigsten Fragen, die uns Apothekern gestellt werden, ist die der Einnahme der Medikamente vor oder nach dem Essen.

Um diese Frage beantworten zu können, muss man sich zunächst einmal klar machen, wie denn die Arzneimittel in den Körper gelangen, wenn man sie als Tablette oder Kapsel oral – also über den Mund – zu sich nimmt. Die Arzneimittel werden in der Regel über den Dünndarm aufgenommen. Keine Aufnahme erfolgt zum Beispiel im Magen. Wenn man sich nun zusätzlich vergegenwärtigt, dass sich der Magen nach der Aufnahme einer Mahlzeit quasi schließt, und die Mahlzeit erst verdaut, bevor sie in den Dünndarm gelangt, dann kann man sich den Einfluß der Nahrungsaufnahme auf die Medikamentenwirkung fast schon selbst beantworten. In der Regel wird sich nämlich die Wirkung von Arzneimitteln verzögern, wenn man sie mit dem Essen oder auch kurz nach einer Mahlzeit aufnimmt.

Problematisch wird dies in folgenden Situationen sein: wenn die Arznei schnell wirken soll (Kopfschmerzen, Schlafmittel), wenn die Medikamente mit der Nahrung verdaut werden (bestimmte Mittel gegen Magensäure, Penicillin), oder wenn sich Arzneistoffe mit Nahrungsbestandteilen verbinden und unwirksam werden (Mittel gegen Osteoporose oder manche Antibiotika binden Calcium aus der Nahrung, Schilddrüsenhormone binden sich an Ballaststoffe). Um empfindliche Stoffe vor der Verdauung zu schützen, werden diese mit magensaftresistenten Überzügen versehen. Diese Tabletten dürfen aus Stabilitätsgründen nicht lange im Magen verweilen. In all diesen Fällen werden wir unseren Kunden empfehlen, die Medikamente auf nüchternen Magen einzunehmen. Nun stellt sich die Frage, wann man denn nüchtern ist. Ganz einfach, wenn der Magen leer ist. Der Magen entleert sich nach dem Essen mit einer Geschwindigkeit von ca. 5 kcal/min. Man muss also damit rechnen, dass der Magen nach einer 500 kcal-Mahlzeit für ca. 1,5 Stunden im Verdauungsmodus ist. Nach einer reichhaltigen Mahlzeit werden es also durchaus auch mal 3 Stunden sein, in denen eine „Nüchterngabe“ nicht möglich sein wird.

Andererseits werden manche Medikamente oder auch Vitamine (z.B. Vitamin D) sogar vermehrt im Körper aufgenommen, wenn sie zum Essen eingenommen werden. Dieser sogenannte „positive-food-effect“ erklärt man sich dadurch, dass fettlösliche Stoffe mit dem Nahrungsfett zusammen besser die Wände des Dünndarms passieren können und so besser in den Blutkreislauf gelangen. Menschen mit einem empfindlichen Magen (z.B. bei einer vorliegenden Magenschleimhautentzündung) vertragen Medikamente auf nüchternen Magen oft nicht. In den Fällen, in denen eine Nüchterngabe nicht zwingend vorgeschrieben ist (s.o.) spricht also nichts dagegen, wenn man die Tabletten mit einer Mahlzeit zusammen einnimmt.